8. September 2006
Abgang durch die Hintertür
Neues Bundesprogramm gegen Rechtsextremismus löst alle bestehenden Projekte auf
In der gestrigen Haushaltsdebatte im Bundestag wurde im Einzelplan 17 über die neuen Gelder in Höhe von 19 Millionen
Euro für Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie im Bundeshaushalt beraten. Dies wurde am 1. Mai als wichtiger Verhandlungserfolg der SPD im Koalitionsausschuss von CDU und SPD medial präsentiert. Wie aber festzustellen ist, liegt das Problem im Detail. Das zuständige Referat im Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die schon weit gediehenen bisherigen Überlegungen zur Ausgestaltung des neuen Programms ab 2007 veröffentlicht. Dabei stellt sich heraus, dass die Eckpfeiler des Programms so gestaltet sind, das alle in den letzten fünf Jahren durch Civitas geförderten Strukturprojekte - Mobile Beratungsteams, Netzwerkstellen und besonders die Opferberatungen für Opfer rechtsextremer Gewalt - darin keinen Platz mehr finden werden.
Zum anderen wird mit dem neuen Programm billigend in Kauf genommen, dass eine mehrmonatige Förderlücke entsteht, die alle Strukturen zur Kündigung ihrer Mitarbeiter zwingt, was de facto das Aus der bisherigen Maßnahmen bedeutet. Des weiteren werden die Kommunen nun zum Herr des Verfahrens, weil in der Säule 1 des zukünftigen Programms - und die ist der Schwerpunkt - nur Kommunen oder Gebietskörperschaften beantragen können und nicht wie bisher zivilgesellschaftliche Vereine.
Diese Entscheidungen wurden trotz wissenschaftlicher Begleitung des letzten Programms gefällt, die zum einen die Effizienz des bisherigen Programms zum Großteil bestätigt und zum anderen betont, dass besonders die dringend notwendige Förderung der Zivilgesellschaft im überwiegenden Teil nicht von Kommunen geleistet werden kann. Darüber hinaus sind Kommunen oftmals aus unterschiedlichsten Gründen gar nicht bereit, die Probleme mit Rechtsextremismus zu benennen und einzugestehen.
Weiterhin darf nicht übersehen werden, dass auch die NPD in Gemeinde- und Kreisparlamenten in Sachsen sitzt und dort alle Möglichkeiten nutzen wird, um Einfluss auf die Ausgestaltung des Programms zu gewinnen.
So erscheint der Verhandlungserfolg der SPD-Bundestagsfraktion vom Mai diesen Jahres aus heutiger Perspektive als Pyrrhussieg und die Ankündigung der CDU, dass die unter der Rot-Grünen Koalition geschaffenen Strukturen gegen Rechtsextremismus abschaffenswerte Netzwerke seien, in Gänze umgesetzt. Und dies, obwohl in den Medien, auch durch die Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel, die bisher geleistete Arbeit als unbedingt erhaltenswert bezeichnet wurde.
Diese Presseerklärung wurde durch das Netzwerk für Demokratische Kultur e.V. in Wurzen erstellt, das in diesem Falle als Sprecher des Netzwerkes Tolerantes Sachsen auftritt und damit über 100 Initiativen des Freistaates Sachsen vertritt. Zu weiteren Informationen über das Netzwerk bitten wir Sie auf der Webseite http://www.tolerantes-sachsen.de zu schauen.
Wir bitten um Veröffentlichung dieser Meldung.
Herzlichen Dank dafür vorab!
Ansprechpartner für Rückfragen ist: Stephan Meister, 0171-6188924.
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