18. April 2025
Wie die AfD im Wurzener Stadtrat den Weg für einen Abschied von demokratischen Werten ebnet
Am Dienstag, 15.4.2025 konnte man in der Stadtratssitzung in Wurzen beobachten, wie sich die Stadträte in großer Mehrheit von demokratischen Werten verabschiedet haben. Werte, die sie eigentlich stärken und – wenn nötig – verteidigen sollen.
Zur Debatte stand die Förderung der soziokulturellen Arbeit des NDK für das Jahr 2026 durch die Stadt Wurzen. Sie sollte sich auf eine Höhe von 12.900 Euro belaufen. Dieser sogenannte Sitzgemeindeanteil ist der notwendige städtische Zuschuss für eine weitaus größere Förderung, die sogenannte Kulturraum-Förderung. Durch diese wird das Angebot des Kultur – und Bürger:innenzentrums D5 am Domplatz mit seinen 30 Kulturveranstaltungen unterstützt sowie offene Räume und Begleitung für Ehrenamtliche in ihren Projekten ermöglicht. Ein Angebot, dass es in Wurzen in dieser Form an keinem anderen Ort gibt und genau aus diesem Grund seit vielen Jahren durch die Stadt mit einer anteiligen und verhältnismäßig geringen Förderung unterstützt wurde.
Die Stadtratssitzung am Dienstag, in der über die Förderung abgestimmt wurde, nutzte der AfD–Stadtrat Lars Vogel als politische Bühne, um ein Statement gegenüber einem offen als Feind markierten Verein zu platzieren, den man schon seit Jahren loswerden möchte. Über mehrere Minuten hinweg verbreitete er gezielt Unwahrheiten über die Arbeit und politische Ausrichtung des Vereins, seine Ziele, Zielgruppen, Formate, die Wirtschaftlichkeit und Verhältnismäßigkeit der beantragten Mittel. All dies blieb unwidersprochen. Eine Frage schloss sich an dieses Statement nicht an. In dem Statement wurde einzig die Gegnerschaft seitens der Partei AfD gegenüber dem NDK und seinem Leitbild formuliert, welches ausdrücklich demokratische Werte, wie Pluralität, Chancengleichheit, oder Freiheit hochhält – Werte, die der Verein gemeinsam mit vielen anderen Menschen in der Stadt vertritt und lebt.
Unterstützung und Fürsprache für die seit 25 Jahren laufende Arbeit des Vereins gab es nur wenig an dem Abend. Sicher hätten die anwesenden ehrenamtlichen Nutzer des Hauses gerne gesprochen, hatten als Gäste aber kein Rederecht.
Die Tiraden seitens der AfD und ihres Vertreters Lars Vogel sind nicht verwunderlich. Zuvor saß er bereits für die extrem rechte Wählerliste „Neues Forum für Wurzen“ im Stadtrat, das Zeit seines Bestehens gegen das NDK hetzte. Skandalös ist es, dass in der überraschend als geheim beantragten Abstimmung weitaus mehr Nein-Stimmen zur Förderung abgegeben wurden, als die AfD Mandate besitzt. So votierten 12 der 20 anwesenden Stimmberechtigten gegen die Förderung des Vereins, fünf Personen stimmten dafür, drei enthielten sich. Die geheime Abstimmung lässt keine genauen Schlüsse über die Verteilung der Stimmen zu. Die 12 abgegebenen Nein-Stimmen entsprechen jedoch exakt der zusammengenommenen Anzahl von anwesenden AfD- (6) und CDU-Stadträten (6).
Es handelt sich dabei um einen dezidiert politisch motivierten Angriff auf einen aktiven Teil der demokratischen Zivilgesellschaft. Dieser fand eine große Mehrheit im Wurzener Stadtrat. Die Entscheidung reicht damit in seiner Tragweite und Bedeutung weit über den abgelehnten Zuschuss hinaus. Gerade das Statement der AfD im Vorfeld der Abstimmung veranschaulichte diesen Umstand eindrucksvoll.
Doch auch die unmittelbaren Folgen der Entscheidung sind massiv. Ein wichtiger Teil der Vereinsarbeit für Wurzen wird im Jahr 2026 nicht weiter finanziert. Betroffen sind das komplette Veranstaltungsprogramm, das offene Haus und die Gruppen, die dieses bisher nutzen konnten, verschiedene Beteiligungsprojekte wie das Wurzener Extrablatt oder auch die ehrenamtliche Gruppe, die sich um Veranstaltungen im Keller kümmert und den Mittwochstresen betreut. Auch Kooperationsprojekte mit u.a. der Stadtverwaltung selbst sind gefährdet, wie zum Beispiel zum Jahr der jüdischen Kultur 2026 und das Stolpersteinputzen.
„Es gibt Menschen, die das, was wir machen, nicht sinnvoll oder gar unsinnig finden und die sich schon lange wünschen, dass es uns hier nicht mehr gibt. Menschen, die demokratische Werte, die für ein gesellschaftliches Miteinander, Solidarität und Respekt stehen, nicht teilen. Aber das NDK ist vor 25 Jahren in Wurzen angetreten, um diese Werte zu stärken und auch zu verteidigen und wir werden nicht damit aufzuhören. Das sind wir den Menschen in Wurzen schuldig, die ebenfalls jeden Tag für diese Werte einstehen.“ so Martina Glass, Geschäftsführerin des Vereins.