31. Dezember 2022
Pop Up Kulturcafé öffnet Räume
Wie schaffen wir es, Menschen mit unserer Arbeit zu erreichen, die sonst nicht das D5 als den perfekten Anlaufpunkt sehen, um in Wurzen etwas zu erleben oder Mitstreiter:innen zu finden, um ihre Anliegen in eine konkrete Idee umzusetzen? Menschen, die das D5 und seine Möglichkeiten vielleicht noch gar nicht kennen? Oder sogar ein eher negatives Bild von un- serer Arbeit haben? Mit unserem Projekt „Ort der Demokratie“ versuchen wir genau dort anzusetzen: Austausch- und Begegnungsorte zu schaffen, um Menschen zusammenzubringen, Beziehungen aufzubauen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Wurzen zu stärken. Denn die Krisenzeiten gehen nicht spurlos an uns vorbei. Und überhaupt, wer glaubt denn eigentlich noch daran, dass es möglich ist, Veränderung herbeizuführen? „Das bringt doch alles nichts!“ war einer der Sätze, den wir öfters gehört haben. Zu Projektbeginn am Anfang des Jahres 2022 stand bereits fest, dass wir sogenannte Pop Up Kulturcafés in Wurzen etablieren wollen. Pop Up – das heißt, sie entstehen nur für eine kurze Zeit an einem Ort. Die Idee dabei: den Menschen zu vermitteln, dass es das Potenzial gibt, solche Orte auch langfristig aufzubauen. Doch welche Orte sind dafür am ehesten geeignet? Um uns dieser Frage zu nähern, haben wir mit unterschiedlichen Menschen gesprochen und uns Wurzen genauer angeschaut. Ein Workshop mit der internationalen Frauengruppe vom NDK, eine Stadtteilbegehung mit Ehrenamtlichen, die selbst in Wurzen aufgewachsen sind sowie eine Ideenwerkstatt mit für uns wichtigen Akteur:innen aus Wurzen – darunter Sozialarbeitende, Stadtverwaltung oder auch die „Stadtwandler“, der ansässige Stadtverschönerungsverein. Das Ergebnis: Wir gehen zuerst ins alte Stadtcafé in der Wenceslaigasse! Hier laufen Menschen vorbei, gucken erstaunt und fragen euphorisch, ob etwa das alte Stadtcafé wieder öffnet. Einige haben anfangs Berührungsängste, lassen sich aber vom Kuchenbuffet und den „netten jungen Leuten“ überzeugen, sich das Ganze mal anzuschauen. Mit einigen kommen wir richtig ins Gespräch, erfahren, was sie mit Wurzen verbinden und was sie sich für die Zukunft hier wünschen. So manch eine:r erzählt uns davon, was für ein schöner und wichtiger Ort das Stadtcafé früher war – und wie ausgestorben das Leben in Wurzens Straßen inzwischen ist. Sechs Wochen lang wurde das Stadtcafé zu neuem Leben erweckt. In der Gestaltung des Programms ließen wir uns dabei von unseren Verbündeten inspirieren. Cocktail bar, offene Fahrradwerkstatt mit der Verkehrswendegruppe, Familien programm oder Hip- Hop-Tanzworkshop. Unser Fokus: ein vielfältiges An gebot für alle Generationen, von niedrigschwelligem Basteln über Diskussionsrunden bis hin zu Social Media und sozialen Bewegungen. Schließlich galt es jedoch, weiter zu ziehen. Der nächste Ort: eine schlichte Wiesenfläche in Wurzen Nord – in unmittelbarer Nähe zur Ringelnatzgrundschule, Musikschule und DRK-Kleiderkammer. Auf dieser öffentlichen Fläche eröffnete das Café zum zweiten Mal und wurde durch die „outdoor-Variante“ mit Bauwagen noch präsenter sichtbar. Erneut gab es ein vielseitiges Programm mit Kindertag, Buchlesung, Workshops, Tanz und vielem mehr. Alte und neue Gesichter nutzten den Mittagstisch, das Kuchenbuffet und die kulturellen Angebote, um selbst dazu beizutragen, den Begegnungsort entstehen zu lassen. Über verschiedene Methoden und Mitmachmöglichkeiten kamen wir mit Passant:innen und Besucher:innen ins Gespräch und versuchten zum Nachdenken anzuregen. Denn unser langfristiges Ziel: Menschen ermächtigen, ihre Interessen und Bedürfnisse zu formulieren und für diese einzustehen, um so zivilgesellschaftliche Strukturen in Wurzen und demokratisches Engagement zu stärken. Doch wie schaffen wir es, von dem eher konsum- orientierten Charakter des Kulturcafés weg zu kommen und Menschen zu vermitteln, selbst ihr Wurzen (mit) zu gestalten – dass es eben doch etwas bringt, selbst zu handeln? Wie können wir Menschen langfristig an einen Tisch bringen, die ähnliche Themen und Interessen haben, wie vernetzen wir sie miteinander und werden selbst zu Unterstützer:innen statt Initiator:innen? Dies scheint die große Frage zu sein, welcher wir uns in den kommenden zwei Jahren weiter widmen werden. Die Kulturcafés waren dabei ein erster Versuch in Richtung eines hehren Ziels. Alle mal schafften wir es, Teil des Stadtgesprächs zu werden. Und so blicken wir zufrieden auf diese intensive und erlebnisreiche Zeit zurück: wir haben viele neue Gesichter gesehen, Neues über Wurzen und seine Menschen kennengelernt und Kontakte zu Leuten geknüpft, die wir vorher nicht kannten. Und das Schöne: das Kulturcafé geht erst mal weiter – vom dezentralen Ort der Demokratie im Stadtcafé und in Wurzen Nord, hin zum altbekannten und bewährten Ort der Demokratie: dem D5. Einmal im Monat gibt es hier nun ein Kulturcafé, um diesen Begegnungs- und Austauschraum bei zubehalten.