1. Juni 2018, 19:00 Uhr
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß
Landleben zwischen Lethargie und Lebenslust. Mimi und Oliver sind Nachbarskinder und Angelfreunde in einer kleinen Stadt an der Havel. Sie spielen Fußball miteinander, leisten den Pionierschwur und berauschen sich auf Familienfesten heimlich mit den Schnapskirschen der Eltern. Mit dem Mauerfall zerbricht auch ihre Freundschaft. Mimi sieht sich als der letzte Pionier – Timur ohne Trupp.
Oliver wird unter dem Kampfnamen Hitler zu einem der Anführer marodierender Jugendbanden. In Windeseile bringen seine Leute Straßen und Plätze unter ihre Kontrolle. Dann eskaliert die Situation vollends …
Manja Präkels erzählt in ihrem Debütroman vom Verschwinden der DDR in einem brandenburgischen Kleinstadtidyll, dem Auftauchen verloren geglaubter Gespenster, von Freundschaft und Wut.
"Manja Präkels, 1974 in Zehdenick geboren, übertreibt in ihren Schilderungen des Straßenkrieges, der seit 1990 zwischen Jugendlichen überall im Osten tobte, nicht. Wer dort damals ein Teenager war und sich nicht im Kinderzimmer versteckte, hat Ähnliches erlebt. Und wer es nicht erlebt hat, kann es aus Romanen wie Peter Richters »89/90« oder Clemens Meyers »Als wir träumten« wissen. Manja Präkels ist als Sängerin der Band »Der singende Tresen« bekannt geworden. Dass mit ihrem Debütroman zu den genannten Büchern gerade jetzt ein weiteres hinzukommt, ist auch deshalb wichtig, weil viele jener Typen, die uns »Scheißzecken« damals das Leben zur Hölle machten, heute als Repräsentanten und Wähler einer neu im Bundestag vertretenen Partei wieder triumphieren.
Beginn der Lesung ist 19 Uhr. Eintritt 5 Euro.
In einem Interview bekannte die Autorin, dass ihr Roman »zu 88 Prozent autobiografisch« sei. Wie Mimi ist Präkels die Tochter einer Pionierleiterin und Lehrerin, die im Ort zu den wenigen zählt, die nicht in Euphorie verfallen, als es mit der DDR zu Ende geht. Im ersten Teil des Buches schildert Präkels das kleinstädtische Aufwachsen in der späten DDR in allen Facetten, die dazugehörten. »Erst Jahre später«, heißt es einmal, »sollte ich begreifen, dass wir alle einer sterbenden Welt angehört hatten.« Die junge Mimi, Rednerin auf Fahnenappellen, Delegierte zum Russisch-Wettbewerb in Polen und Gast der Pionierrepublik, wiegt sich lange in einer falschen Gewissheit: »Den Faschismus, den hatte das Sowjetvolk ein für alle Mal besiegt. Und mit ihm die Nazis, bis auf ein paar, die bald sterben würden. Drüben, im Westen.« An diesem Glauben hält sie noch fest, als ihre einstigen Schulfreunde längst die alten Parolen grölen und auf Menschenjagd gehen. »Ich war so was wie der letzte Pionier«, definiert Mimi sich selbst. »Timur - ohne Trupp.«" (ND 2017)